Für und mit dementiell erkrankten Menschen
KEB Hessen stellt bei Fachtag demenzsensible Bildungsangebote vor -
Vorsitzender Johannes Oberbandscheid: Chancen nutzen, Bildungsteilhabe und Lebensqualität zu fördern
Frankfurt/Limburg/ Mainz/Fulda/Hofheim.- Was bringen die Teilnehmerinnen und Teilnehmer mit? Und eben nicht: Was bringen sie nicht mit? Das ist die
Perspektive, die unabdingbar ist, wenn es um „Erwachsenenbildung und Demenz“ geht. Bei einem Online-Fachtag zum Thema Demenz am 12. März hat die Katholische Erwachsenenbildung (KEB) gleich zwei
demenzsensible Bildungsangebote vorgestellt. Zum einen das Projekt „DeBiT – Demenz: Bildung durch Teilhabe“ der KEB Hessen e.V. und
zum anderen eine Kooperation zwischen der KEB Main-Taunus, dem Stadtmuseum Hofheim und der Fachstelle Demenz des Caritasverbandes vor Ort, bei welcher besondere
Museumsführungen für Menschen mit Demenz und deren Angehörige angeboten werden. Der Fachtag der Bistümer Limburg und Mainz sowie der Evangelischen Kirche Hessen Nassau stand unter dem Motto „Wenn
Menschen mit Demenz Prophetinnen und Propheten sind. Best Practice“.
Für den mit dem Projekt „DeBiT“ beauftragten Theologen, Gesundheits- und Bildungsexperten Ulrich
Dreismickenbecker ist Demenz und Bildung kein Widerspruch. Auch wenn Beschäftigungs- und Betreuungsangebote zu Recht im Vordergrund stünden, sei dies kein Grund, nicht auch
Bildungsveranstaltungen zu realisieren – und zwar ganz bewusst. Dafür hat er bisher 12 Seminare entlang der Themenschwerpunkte Heimat, Liebe, Glaube, Geschichte, Grenzen und Generationen
für dementiell erkrankte Menschen entwickelt und in Kooperation mit ausgewählten Einrichtungen der Kurzzeit- und Langzeitpflege in Hessen angeboten.
Schwarz-Weiß-Fotografien, Melodien und Kleidungsstücke
Bei dem Seminarbaustein „Generationen“ kommen beispielsweise Fotos und Bilder, Lieder und Melodien, zeittypische Gegenstände oder exemplarische Kleidungsstücke zum
Einsatz, erzählt Dreismickenbecker. Ein Bild einer typischen Wohnzimmereinrichtung aus den 1970erJahren oder ein Schwarz-Weiß-Foto von Kindern vor einem im Krieg
zerstörten Straßenzug. Aktiviert werden biografische Erinnerungen, Erlebnisse und Emotionen der Teilnehmenden. Dabei finden, so
Dreismickenbecker weiter, die Seminare bewusst in Räumen und Einrichtungen der Erwachsenenbildung statt und nicht in den Pflegeheimen vor Ort. Eine Herausforderung bei den Seminaren sei, dass man unbedingt das Prinzip der Freiwilligkeit sicherstellen müsse.
Neben den Seminaren sind Akademieabende für die interessierte Öffentlichkeit und Fachtagungen für haupt- und ehrenamtlich in Medizin, Pflege und Erwachsenenbildung
tätige Personen Teil des Projektes. „Denn das Ziel des Projektes ist es nicht nur, dementiell erkrankte Erwachsene als Adressaten von Veranstaltungen der Erwachsenenbildung zu gewinnen und
einzuladen, sondern auch neue Diskurse zu diesem gesellschaftspolitisch hochaktuellen Thema zu eröffnen“, erläutert Dreismickenbecker. Und dass das Thema hochaktuell
sei, zeigen die Zahlen. Derzeit leben laut Deutscher Alzheimer Gesellschaft fast 1,8 Millionen Menschen mit Demenz in
Deutschland. Im Jahr 2050 könnten es nach Schätzungen bis zu 2,8 Millionen sein.
Rundgang durch ein Museum als Zeitreise
Auch im Main-Taunus gibt es ein besonderes Angebot für dementiell erkrankte Menschen. Julia Krämer, Museumspädagogin vom Stadtmuseum
Hofheim, und Simone Schupp, Leiterin der KEB Main-Taunus, führen gemeinsam durch die Dauerausstellung. Dort gewinnen die Gäste einen Einblick in die Lederindustrie und die Schritte der Ledergewinnung
im Allgemeinen. „Im Vordergrund steht das positive Erleben und nicht die reine Wissensvermittlung“, erklärt Schupp. Bei einer gemeinsamen Kaffeerunde gleich zu Beginn gehe es um ein entspanntes
Ankommen und ein erstes Kennenlernen. Beim Rundgang selbst bieten dann eine Auswahl an Gegenständen wie z.B. Damen-Handtaschen, Würfelbecher oder Schultaschen einen direkten Bezug zum Leben und zu
den Erfahrungen der Teilnehmenden.
„Wichtig ist nicht, dass wir verstanden werden, sondern, dass wir verstehen, dass es um unsere Gäste geht“, erklärt Schupp den
Perspektivwechsel, der auch bei diesem Bildungsangebot eine große Rolle spiele. "Die Wertschätzung jedes einzelnen Gastes ist uns ein besonderes Anliegen. Wir verstehen, dass Erfahrungen größer
werden, wenn wir sie teilen." Eine weitere Besonderheit sei, dass die Führungen öffentlich stattfinden; sie können aber auch separat gebucht werden.
Lebensqualität und Teilhabe: Projekte leisten wichtigen Beitrag
„Möglichkeiten zur Teilnahme an Bildungsangeboten zu eröffnen leistet einen wichtigen Beitrag zur Inklusion dementiell erkrankter Personen“, erklärt Johannes
Oberbandscheid, Vorsitzender der KEB Hessen. Auch bieten das Projekt „DeBiT“ und das Kooperationsprojekt der KEB Main-Taunus Chancen zur Förderung der Lebensqualität von dementiell erkrankten
Personen. Und die Projekte eröffnen einen Diskurs über Bilder von Alter, Krankheit und Demenz. „Wir stellen uns damit auch gegen eine defizitäre Perspektive und schaffen neue Perspektiven - mit
und für Menschen mit Demenz“, ergänzt Oberbandscheid.
Kooperation der KEB Hessen mit der Katholischen Akademie Fulda und dem Hessencampus Fulda
Das Projekt „DeBiT“ ist gefördert durch Mittel des Hessischen Kultusministeriums und ist eine Kooperation der KEB Hessen mit
der Katholischen Akademie Fulda und dem Hessencampus Fulda.
Weitere Informationen zum Projekt gibt es auf der Internetseite www.debit-projekt.org.
Foto: Bildungsteilhabe dementiell erkrankter Menschen fördern – die Katholische Erwachsenenbildung schafft neue Perspektiven und konkrete
Angebote, erklärt der Vorsitzende der KEB Hessen Johannes Oberbandscheid. (Foto: Jochen Reichwein)